Ein spannendes Ping-Pong von Argumenten

Ortspartei Kreis 9

Gemeinderatspräsident Martin Bürki erklärt, warum die Sitzung des Schülerparlaments im Zürcher Rathaus ein Erfolg gewesen ist, der unbedingt wiederholt werden sollte. Die Fragen stellte Gemeinderat Marcel Müller.
  1. Kürzlich fand im Zürcher Rathaus ein Schülerparlament statt. Was ist die Idee dieses Schülerparlaments?
    Es ging darum, zum 125-Jahre-Jubiläum des Parlaments in die Zukunft zu blicken; und die Zukunft ist die Jugend. Wir wollten Schüler, die noch keinen oder nicht viel Kontakt zu der Politik hatten, motivieren, aktiv zu werden.
  2. Woher kamen die Schülerinnen und Schüler und in welchem Alter waren sie?
    Es haben drei Klassen teilgenommen. Dies waren die 2bMN Kantonsschule Stadelhofen, die 3. Sek A Schule Letzi und die 3. Sek AB Schule Hirschengraben. Die Schülerinnen und Schüler in der Sek sind ca. 15 Jahre, diejenigen in der Kanti sind 16-17 Jahre.
  3. Welche Themen wurden diskutiert? Kommunale, kantonale oder auch nationale?
    Wir haben vier Geschäfte diskutiert, die bereits im Gemeinderat behandelt wurden, also nur kommunale Geschäfte. Dies gab den Schülern auch die Möglichkeit, schon zu schauen, welche Argumente die Erwachsenen hatten. Wir haben generell in der Schweiz Milizparlamente. Jeder bringt also seine Expertise aus dem Beruf mit ins Parlament. Daher war klar, dass das erste Geschäft eine Weisung zu einem Schulhaus sein musste (Weisung Neubau Schulanlage Pfingstweid). Da waren ja alle Schüler Experten. Wir haben im Vorfeld der Debatte die Schüler gefragt, welche Themen sie interessieren würden. Die zusätzlichen drei Geschäfte waren dann Postulate zu Videokameras am Stauffacher, Racial Profiling und zum Swissmill Silo.
  4. Welche Beschlüsse wurden gefasst und wie unterscheiden sich diese zu den Entscheiden in den «richtigen» Parlamenten?
    Der Schulhausweisung und dem Postulat zu Racial Profiling haben beide Parlamente zugestimmt, das Postulat zum Swissmill Silo haben beide abgelehnt. Bei der Videoüberwachung am Stauffacher war es aber anders. Der Gemeinderat wollte hier weniger Überwachung haben, aber das Schulparlament hat sich hier in der Mehrheit nicht daran gestört. Die Jungen, die mit der Technik aufgewachsen sind, haben hier weniger Bedenken geäussert.
  5. Was passiert mit den Beschlüssen, die das Schülerparlament gefasst hat?
    Die Beschlüsse des Schulparlaments wurden im Gemeinderat verkündet und auch in der Presse aufgenommen, aber einen direkten Einfluss haben sie nicht. Es ging ja bei dem Projekt in erster Linie darum, Schüler für die Politik zu begeistern und nicht darum, "scharfe" Beschlüsse zu treffen.
  6. Wer hatte die Leitung der Sitzung und wie war die Debattierkultur?
    Wir wollten die Sitzung so realistisch wie möglich machen, aber dennoch so, dass der Ablauf einfach zugänglich ist. Die Leitung hatte das aktuelle Präsidium des Gemeinderates. Wir hatten eigentlich die Regel geplant, dass sich jeder nur zweimal pro Geschäft melden darf, aber wir merkten schnell, dass wir diese Regel fallen lassen mussten. Es entstand bei vielen Geschäften eine sehr spannende Debatte. Die Redezeit von zwei Minuten wurde selten genutzt. Oft waren die Wortmeldungen nur 20 Sekunden lang. Es entstand aber ein spannendes Ping-Pong von Argumenten. Auf die Argumente der Vorredner wurde eingegangen und ihre Fragen wurden beantwortet. Etwas, was man im Gemeinderat leider viel zu wenig sieht.
  7. Was ist Dein persönlicher Eindruck vom Schülerparlament?
    Zu Beginn war es für viele ungewohnt und es dauerte etwas, bis die Schüler in Fahrt kamen, dann aber war es fast spannender als im richtigen Gemeinderat. Man merkte, dass es vielen Spass gemacht hat, und ich denke, das Ziel, bei mehr jungen Leuten das Interesse für Politik zu wecken, wurde voll erfüllt.  
  8. Findest Du es wichtig, dass das Schülerparlament in Zürich eine Fortsetzung findet?
    Ich würde es sehr schön finden, wenn das Projekt in dieser Form weitergeht.
  9. Welche Wünsche oder Veränderungsvorschläge hast Du persönlich in Bezug auf das Schülerparlament?
    Ich würde mir wünschen, dass das Konzept so, wie wir es durchgeführt haben, weitergeht. Es gibt zum Beispiel ein Jugendparlament im Kanton Zürich, aber das ist sehr professionell organisiert. Einige wenige erhalte dort die Möglichkeit, sich sehr kompetent zu schulen. Wir hatten in der Debatte ein Mitglied des Jugendparlaments und er überragte punkte Qualität seiner Argumente alle um weiten. Ich sehe unser Konzept eher als Ergänzung zu einem Jugendparlament. Damit sich dort genügend Personen melden, muss zuerst das Interesse für die Politik generell gefördert werden. Hier gibt es noch viel zu tun. Ein Beispiel, um dies zu erläutern: Bei den letzten Wahlen lag die Wahlbeteiligung der 18-Jährigen bei 20%, dagegen bei den 70-Jährigen bei 75%. Das zeigt deutlich, dass in den Schulen zu wenig getan wird, um das politische Interesse zu fördern.