Die Schweizer stehen zwar früh auf, aber sie erwachen spät.

Ortspartei Kreis 9

Im Bonmot des sozialdemokratischen alt Bundesrats Willi Ritschard steckt auch heute noch ein Körnchen Wahrheit. Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen des ZürcherStadt- und Gemeinderates im Februar 2022 frage ich mich, ob die Wählerinnen und Wähler noch rechtzeitig aufwachen werden, um der derzeit herrschenden Politik eine Absage zu erteilen.

Im Zuge der Corona-Pandemie feiern Etatisten jeglicher Couleur fröhlich Urständ, die die Menschen am liebsten von der Wiege bis zur Bahre dem Staat überantworten möchten. Ein Staatsverständnis, in dem das Kollektiv alles, das Individuum hingegen nichts bedeutet. Kommt hinzu, dass sich in Zeiten der Unsicherheit viele Menschen noch mehr Staat wünschen, was auf eine Vollkaskomentalität zu Lasten von einigen wenigen hinausläuft. Als Liberaler bereitet mir dies Sorgen.

Im Gegensatz dazu steht im Zentrum der liberalen Weltanschauung der Gedanke, dass jeder machen kann, was er will, solange er damit andere nicht beeinträchtigt. Das bedeutet gleichzeitig auch, dass derjenige, der sich eigenverantwortlich für etwas entscheidet, die Folgen seines Tuns auf sich nehmen und dafür zahlen soll. Umgekehrt soll das Gemeinwesen nach dem Motto " Sicherheitsnetze statt sozialer Hängematten" Menschen helfen, die auf Unterstützung angewiesen sind.

Damit sich der Einzelne möglichst frei entfalten kann, soll der Staat sinnvolle Rahmenbedingungen setzen. Es ist nicht Aufgabe des Staates, wie es in der Stadt Zürich leider immer öfters der Fall ist, die Menschen zu bevormunden und in gut oder schlecht einzuteilen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Es ist nicht an der Politik, zu entscheiden, wie sich die Menschen fortbewegen – ob per Velo, Auto oder ÖV. Die Bürger dürfen in ihrer Wahl- und Gestaltungsfreiheit nicht eingeschränkt werden.

Für eine glaubwürdige Politik ist es zudem von grösster Wichtigkeit, dass der Staat alle gleich behandelt. Wenn z.B. jemand falsch oder länger als erlaubt parkiert, hat derjenige eine Busse zu gewärtigen. Das müsste allerdings auch bei Velofahrern gelten. Doch leider herrscht in Zürich die Arroganz der Macht der linken Ratsseite bei Themen wie Parkplatzabbau, 30er-Zonen, Eingriffen ins Eigentum – etwa mittels des kommunalen Richtplanes – oder bei den letztlich gescheiterten Hundezonen.

Auch beim gemeinnützigen Wohnungsbau, der grundsätzlich sinnvoll ist, agiert die Linke seit langem selbstherrlich. Es kann jedenfalls nicht sein, dass nur einige wenige Glückliche mit dem richtigen Parteibuch davon profitieren. Wenn schon, dann muss der gemeinnützige Wohnungsbau für alle zugänglich sein. Klientelpolitik hat langfristig noch nie funktioniert. Aufgabe einer sinnvollen Wohnbaupolitik wäre es zudem, für Rahmenbedingungen zu sorgen, damit sich junge Menschen wieder Wohneigentum leisten können.

Als Liberaler wünsche ich mir für die Zukunft daher weniger ideologische rot-grüne Politik und dafür wieder mehr eine pragmatische Politik des Machbaren für die Allgemeinheit. Frei nach Willi Ritschard hoffe ich, dass die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt Zürich daher noch rechtzeitig erwachen.